Enterprise Wikis im Projektmanagement 1/2 – Stärken

Wikis und Blogs werden derzeit in vielen Unternehmen über Abteilungsgrenzen hinaus etabliert. In diesem zweiteiligen Kurzartikel gehe ich der Frage nach, inwiefern Enterprise Wikis reif für den Unternehmenseinsatz sind, speziell im Hinblick auf Projektmanagement. Auf Basis dieses Kurzartikel ist vor kurzem ein Artikel von mir mit Tipps zur Einführung eines Enterprise Wikis in der Computerwoche erschienen.

Die wesentlichste Änderung durch die Einführung eines Wikis besteht in der Wissensdarstellung. Die Vernetzung kleiner Informationseinheiten löst große monolithische Office-Dokumente ab. Das Wissensmanagement in großen Unternehmen folgt anderen Regeln als im Open Source-Bereich, dem derzeit größten Verbreitungsgebiet von Wikis. Deshalb hier zunächst die wichtigsten Eigenschaften, die Enterprise Wikis kennzeichnen:

  • Strukturierungsmittel
    Abteilungen und abgeschlossene Themengebiete können in getrennte Bereiche gegliedert werden und Stichwörter (Tags) erlauben die Kategorisierung von Inhalten. Wesentlicher ist jedoch die Hierarchisierung von Wikiseiten. Im Allgemeinen wird hierzu jeder Seite eine Elternseite zugeordnet mit der Möglichkeit, eine Baumdarstellung von Teilen der Struktur darzustellen.
  • Sicherheit und Workflows
    Die Anbindung des Wikiservers an den Verzeichnisdienst im Unternehmen erspart den Mitarbeitern den Registrierungsaufwand. Auf Basis des Verzeichnisses können Benutzer im Wiki Gruppen zugeordnet und detaillierte Rechte vergeben werden. Bei Bedarf können Workflows definiert werden, allerdings sollte der Einsatz begrenzt werden, da sie den Erfolgsrezepten für die Einführung von Wikis widersprechen.
  • Schnittstellen
    Einfache Wikis konzentrieren sich auf die Erfassung und Gestaltung von Inhalten. Im Unternehmensumfeld sind viele Daten bereits in anderen Systemen erfasst, welche datenführend bleiben sollten. Die Einbindung dieser Daten in einen Wiki ermöglicht jedoch eine inhaltliche Vollständigkeit zu erreichen, ohne Daten zu duplizieren.
    Neben diesen Echtzeit-Anbindungen bieten Enterprise Wikis Import-Schnittstellen, z.B. häufig für Microsoft Office-Dokumente und Daten aus anderen Wikis. Exportmöglichkeiten in PDF, HTML, XML, Officeformate etc. erlauben die Weiterverarbeitung von Informationen in anderen Systemen, insbesondere die Wiederherstellung der in Wiki-Strukturen zunächst verlorenen Möglichkeit Informationen vollständig und in einer bestimmten Reihenfolge darzustellen.

Bevor ein Wiki in einem Unternehmen eingeführt wird, muss sich der Sponsor eines solchen Projekts den Stärken und Schwächen heutiger Enterprise Wikis bewusst sein. Die Abwägung der im Folgenden dargestellten wichtigsten Punkte ist der erste Schritt auf dem Weg.

10 Stärken von Enterprise Wikis

  1. 1-Click-Editing für Anfänger
    Ohne komplizierte Tools, Veröffentlichungsprozesse und -Zeitpläne können Anfänger Informationen erfassen und ändern. Allen weit entwickelten Wikis ist gemeinsam ist dabei die Möglichkeit, Texte in einem WYSIWYG-Modus zu bearbeiten.
  2. Jeder darf (fast) alles bearbeiten
    Die Verantwortung für Dokumente geht aus den Händen der Einzelnen in der Gemeinschaft über. Es ist zwar die Umsetzung von Workflows in Enterprise Wikis möglich, allerdings gehört dieses Feature eher in den Bereich der Content Management Systeme (CMS). Davon einmal abgesehen können die meisten Wikiseiten von allen Benutzern bearbeitet werden.
  3. Wissensvernetzung
    Wikis lösen die statischen Informationen in großen Office-Dokumenten durch kleine vernetzte Informationseinheiten ab. Der Ablage von Dokumenten auf Dateiservern an genau einer Stelle der Hierarchie stehen viele Verweise auf vernetzte Informationsfragmente im Wiki gegenüber.
  4. Förderung von Teamarbeit
    Der schnelle Zugang zu Wikis (vgl. Punkt 1) unterstützt Teammitglieder dabei, sich unkompliziert einzubringen und an der gemeinsamen Dokumentation mitzuarbeiten.
  5. Zusammenarbeit über Teamgrenzen hinaus
    Insbesondere bei der Kommunikation mit Projektpartnern macht sich die Flexibilität von Wikis bezahlt. Als Web-basierte Tools erlauben sie einen besonders einfach zu steuernden Zugriff auf Unternehmensinformationen da ein Wiki sowohl im Intra- als auch im Extranet eingebunden werden kann.
  6. Erweiterbarkeit
    Neben umfangreichen Plugin-Bibliotheken bieten alle Enterprise Wikis Schnittstellen um eigene Funktionalitäten zu ergänzen. Allerdings ist die Qualität hier unterschiedlich. Bei einigen Open Source-Wikis muss man in einem Sourcecode mäßiger Qualität Änderungen vornehmen, bei anderen Wikis kann man elegant Plugins aus Bibliotheken auswählen und hinzuinstallieren.
  7. Versionierung
    Alle Enterprise Wikis bieten eine automatische Versionierung der Seiten und die Möglichkeit, unterschiedliche Versionen vergleichen und wiederherstellen zu können.
  8. Auditing
    Über die Versionierung können nicht nur alle Änderungen an Wikiseiten nachvollzogen werden, auch die Autoren und die Zeitpunkte der Änderungen sind nachweisbar.
  9. Schnittstellen
    Neben Schnittstellen zu PDF, HTML und Office-Formaten gehört inzwischen WebDAV zum guten Ton. Dabei bieten einige Wiki-Produkte von Hause aus Schnittstellen zu anderen Produkten des gleichen Herstellers, im Open Source-Bereich ist dafür die Anzahl der Plugins meist größer.
  10. Wenige Personen können viel bewegen
    Aufgrund der Art der Verteilung der Verantwortung auf viele Autoren, erfüllt meist eine kleine Gruppe die Aufgabe den Wiki zu pflegen (ca. 1%). Eine weitere Gruppe steuert durch gelegentliche Beiträge den meisten Inhalt bei (ca. 9%). Ca. 90% der Nutzer lesen nur im Wiki. Diese Tatsache ist auch als 90/9/1-Theorie bekannt (vgl. http://wikipatterns.com).

Als Beispiele für Enterprise Wikis empfehle ich

  • Confluence der Firma Atlassian
  • TWiki als Open-Source-Produkt und
  • Codebeamer der Firma Intland als Application Lifecycle Management Tool mit integriertem JSPWiki

Im zweiten Teil des Kurzartikels werde ich auf die 10 wichtigsten Schwächen von Enterprise Wikis und die konkrete Anwendung von Wikis im Projektmanagement eingehen.

3 Responses to Enterprise Wikis im Projektmanagement 1/2 – Stärken

  1. […] Erfahrungsberichte wichtig, auch wenn sicherlich immer etwas Eigenwerbung dabei ist. Mehr über die Stärken und Schwächen von Enterprise Wikis sowie ihrem Einsatz im Projektmanagement finden Sie in diesem […]

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  3. […] Wikis im Projektmanagement 2/2 – Schwächen Nachdem ich im ersten Teil des Artikels (vgl. Stärken) aufgezeigt habe, wodurch sich Enterprise Wikis auszeichnen und welche Stärken sie mitbringen, […]