Nutzen-/Wertbetrachtung als Erbe des Magischen Dreiecks?

Meinung (Icon)Michel Thiry, PMP und PMI Fellow, hat gestern ein Posting über die Bewertung von Projekten über Nutzen/Wert anstatt über das Triple Constraint veröffentlicht. Interessanterweise geht er beim Magischen Dreieck (Triple Constraint) eher von der Qualität als dem Umfang an einer der Seiten aus. Meine persönliche Meinung zum Thema magische Vielecke habe ich schon im Dezember letzten Jahres gepostet, diesmal geht es um die Frage wie zukünftige Konzepte ausgehen könnten.

Aus Sicht von Michel Thiry hat heute die Zufriedenheit der Stakeholder das Konzept der Qualität ersetzt. Somit sieht er value, bestehend aus Scope und Qualität (Zufriedenheit) auf der einen Seite und Ressourcen bestehend aus Kosten und Zeit auf der anderen Seite, als zukünftige Metriken. An dieser Stelle übersetze ich value mit „Nutzen/Wert“, da beide Bedeutungen relevant sind.

Er hat seine Grundidee über die Aufgabe des Sponsors in einem Diagramm visualisiert:

Value als Nachfolger des Triple Constraint


Der Sponsor definiert den Wert/Nutzen eines Projekts durch die Vorgabe von Scope und Qualität, welche die Stakeholder zufrieden stellen. Weiterhin definiert er Kosten und Zeit, die akzeptabel und erreichbar sind. Wenn die angebotenen Vorteile größer als die erwarteten Vorteile sind, wird Zufriedenheit erzielt. Wenn die verfügbaren Ressourcen umfangreicher als die benötigten Ressourcen sind, kann Wert/Nutzen realisiert werden.

Dies ist gleichzeitig auch eine alternative Metrik für die Auswahl von Projekten. Wenn die geschätzten Ressourcen zum Zeitpunkt der geplanten Projektdurchführung verfügbar sind, wird das Projekt freigegeben. Wenn mehrere Projekte konkurrieren, wird anhand des Verhältnisses zwischen Vorteilen und Ressourcen ausgewählt.

Aufgrund der heutigen Verwässerung des alten Magischen Dreiecks würde ich dieses persönlich entwerten und zu einer organisations- bzw. projektspezifischen Auswahl von Projektrandbedingungen degradieren. Wieviele Ecken das n-Eck dabei erhält ist weniger relevant als die Frage, ob die Randbedingungen mehr oder weniger orthogonal sind, d.h. unabhängig voneinander und ohne wesentliche inhaltliche Überdeckungen. Das n-Eck ist wertvoll, wenn eine Organisation bzw. die Projektbeteiligten sich der Visualisierung der Projektrandbedingungen bewusst ist/snd und ein Magisches Dreieck seinen dogmatischen Aspekt verliert.

Die Nutzen/Wert-Betrachung ist auch aus meiner Sicht zielführend, da Projekte häufig in Wettbewerbssituationen mit begrenzten Ressourcen durchgeführt werden. Es ist entscheidend, die „richtigen“ Projekte durchzuführen und die verfügbaren Ressourcen sinnvoll einzusetzen und nicht zu überfordern. Somit verschiebt Michel Thiry mit seiner Betrachtungweise den Fokus bei der Betrachung der Projektrandbedingungen aus dem Projektmanagement verstärkt in das Programm- und Portfoliomanagement. Nicht nur aus meiner Sicht (vgl. 12 Thesen zum Projektmanagement Teil 1 und Teil 2) ist dies der Weg in die Zukunft.

Der Autor fragt, wie es bei Ihnen aussieht. Bitte kommentieren Sie hier oder im PMI Blog.

2 Responses to Nutzen-/Wertbetrachtung als Erbe des Magischen Dreiecks?

  1. […] Thiry (PMI Fellow) definiert den Wert bzw. Nutzen eines Projekts über Scope und Qualität auf der einen Seite und Ressourcen, bestehend aus Kosten und Zeit, auf […]

  2. Karl-Wilhelm von Rotenhan sagt:

    Qualität im magischen Dreieck oder zurück zum Teufelsquadrat?

    Liebe Projektmanager!
    Bitte prüft doch erst einmal die Metrikfähigkeit neuer Dimensionen in einem „magischen“ Vieleck bevor ihr das „magische Dreieck“ erweitert resp. aufgebt.

    Natürlich gibt es bei der auf der mechanischen (und auf variabel messbaren Grössen beruhenden) Leistungsmessung einen möglichen, wenn auch nicht immer wirklich sinnvollen Bezug zur Qualität.
    z.B.: Mechanisch messbare Produkteigenschaften (= umgangssprachliche Qualitäten).
    oder: Zu enge (d.h. ggf. unnötig teure) Toleranzen bei mechanischen Passungen.

    Ob Prozess-Leistungs-Kennzahlen wirklich qualitative Aussagen erlauben, wage ich (auch wenn es schön wäre) somit in den meisten Fällen zu wirklich bezweifeln.

    Die Qualität eines Projektes ist definitionsgemäss immer die resultierende (damit zumindest attributiv belegbare, aber nicht unbedingt variabel messbare) Größe aus der einfachen Systemformel
    K & T & L ~> Q ~> Kunde zufrieden ~> Vertrauen
    => Bindung
    und somit der täglich führbare Beweis.

    Bitte hierzu auch nochmals in der DIN ISO 9000:200x nachlesen, die ist hierfür ja die anerkannte und hilfreiche Basis.

    Meine Empfehlung an Projektteams :
    Zuerst den Beweis antreten, dass die erforderlichen, gemeinsam erarbeiteten und abgestimmten Aktivitäten zur Erreichung des Projektgegenstandes /-ergebnisses verbindlich entsprechend den priorisierten Anforderungen an Kosten, Leistung und Zeit realisiert werden.
    Dann erst über abstrakte Aspekte (zweiter und höherer Ordnung) der Projektarbeit nachdenken.
    „Do not start running before you’ve learned to walk!“