Enterprise Wikis im Projektmanagement 2/2 – Schwächen

Nachdem ich im ersten Teil des Artikels (vgl. Stärken) aufgezeigt habe, wodurch sich Enterprise Wikis auszeichnen und welche Stärken sie mitbringen, folgen nun die Schwächen und die Anwendung von Wikis im Projektmanagement.

  1. Benutzbarkeit
    Wikis stellen einen sehr jungen Trend, getrieben durch vorwiegend technikaffine Personen, dar. Dementsprechend liefert die Kombination verschiedener Features eines Wikis gelegentlich unerwartete Resultate. Gelegentlich funktioniert auch die Kombination mehrerer Plugins nicht wie erwartet. Letzteres ist ein Kennzeichen von TWiki im Zusammenspiel mit nachinstallierten Plugins. Insgesamt ist die Benutzbarkeit von Wikis noch nicht auf dem Reifegrad herausragender Web 2.0-Applikationen.
  2. Begrenzter Dokumentationsumfang
    Meist ist die Dokumentation von Wikis spartanisch, dafür aber auf dem neuesten Stand. Aufgrund der meist viralen Verbreitung von Wikis stehen im Allgemeinen aber immer genügend erfahrene Benutzer bereit um Fragen zu klären oder neue Benutzer einzuführen.
  3. Nutzerfreundlichkeit
    Die grundsätzlichen Schwächen der Benutzbarkeit webbasierter Anwendungen, im Gegensatz zu lokal installierter Software treffen auch auf Wikis zu. Der zunehmende Einsatz leistungsstarker Javascript-Bibliotheken mindert jedoch diesen Nachteil inzwischen.
  4. Stabilität und Performance
    Confluence, TWiki und JSPWiki sind bei geeigneter Installation stabil und schnell, allerdings kann bei Administrationsproblemen schnell Frust bei den Anwendern aufkommen. Wichtig ist immer ausreichend Ressourcen bereitzustellen und eine Datenbank im Hintergrund einzusetzen.
  5. Export-Qualität
    TWiki und JSPWiki verwenden mit FOP eine Apache-Bibliothek zur Generierung von PDF-Dokumenten. Die aktuelle FOP-Version stellt allerdings alle Tabellenspalten immer in gleicher Breite dar. Diese und andere Kinderkrankheiten werden mit Sicherheit in Zukunft ausgemerzt werden.
  6. Begrenzte Layoutmöglichkeiten
    Trotz leistungsstarker Syntax sind die Darstellungsmöglichkeiten bei allen Wikis auf einen Teil der Fähigkeiten von HTML beschränkt. Somit sind Wikis eindeutig kein Ersatz für Tools zur Erstellung von Diagrammen.
  7. Administrationswerkzeuge
    Bei allen Wikis sind die Möglichkeiten der Administrationswerkzeuge beschränkt, teilweise muss man Konfigurationsdateien von Hand ändern oder im Sourcecode (TWiki) Änderungen vornehmen.
  8. Unterschiedliche Syntax
    Es haben sich inzwischen unterschiedliche Syntaxfamilien herausgebildet, allerdings kann in den meisten Fällen der Inhalt eines Wikis einschließlich der Anhänge und der Ansteuerung von Plugins nicht automatisch migriert werden.
  9. Managementunterstützung
    Wikis brechen gezielt gängige Kontrollmechanismen auf. Deshalb ist es schwieriger für ihre Einführung die Unterstützung des Managements zu erhalten. Neben der einfachen Einrichtung eines Wikis stellt dies einen Grund für die meist virale Verbreitung von Wikis dar. Umso wichtiger ist es für die abteilungsübergreifende Einführung eines Wikis einen starken Management-Sponsor zu gewinnen.

Anwendung im Projektmanagement

Ein Wiki schafft große, teilweise kritische Transparenz. Auf der anderen Seite lässt sich die Verbreitung von Informationen nicht so gezielt steuern wie im persönlichen Gespräch oder mit per Mail verschickten Dokumenten.

Für den Bereich Projektmanagement möchte ich nun einige konkrete Hinweise für den Einsatz eines Enterprise Wikis geben. Sie sind relativ allgemein gehalten da der konkrete Einsatz eines Wikis sich von Unternehmen zu Unternehmen unterscheidet.

Für Projekte kann ein Wiki der zentrale Einstiegspunkt für die gesamte Projektdokumentation sein. Eine Startseite mit dem Projektauftrag und einem Überblick über die verfügbaren Inhalte stellt den Aufhänger dar. Entsprechend der gewählten Projektmanagement-Methodik sollten alle wichtigen Artefakte über den Wiki erreichbar sein. Wenn vorhanden, sollten auch übergreifende Informationen aus dem Programm- und Portfoliomanagement im Wiki verfügbar und vernetzt sein. Insbesondere erlaubt ein Wiki das Durchsuchen der gesamten Projektdokumentation incl. der Anhänge von Wikiseiten.

Einige Beispiele für Informationen in einem Projekt-Wiki:

  • Projektauftrag
  • Inhalts- und Umfangsbeschreibung
  • Projektorganisation mit Kontaktdaten
  • Projektplan mit Teilplänen (nach PMBOK z.B. PSP, Meilensteinplan, Kostenplan etc.)
  • Meetings incl. Agenda und Minutes
  • Risikoregister
  • Change Requests, Korrekturmaßnahmen, vorbeugende Maßnahmen, Fehlerbehebungen
  • Fortschrittsberichte
  • Lessons learned
  • Vorlagen

Komplexe Dokumente wie Projektpläne (z.B. GANTT-Charts) sollten mit Spezialanwendungen wie MS Project erstellt und dann per WebDAV in den Wiki gehängt werden. Wenn nicht alle Mitarbeiter über die notwendige Software zur Anzeige solcher Dokumente verfügen, sollte in regelmäßigen Abständen eine aktualisierte PDF-Datei hinzugefügt werden.

Bei anderen Dokumenten, z.B. einem Risikoregister, ist neben der angemessenen Darstellung des Inhalts die Einfachheit des Zugriffs zu berücksichtigen. Aus eben diesem Grund sollte ein Meilensteinplan und ein Risikoregister, wann immer möglich, im Wiki gepflegt werden. TWiki ist hier besonders geeignet, da ein Plugin die wichtigsten Excel-Fähigkeiten für Tabellen ergänzt sowie Editieren in Tabellen erlaubt, ohne die gesamte Seite editieren zu müssen.
Es besteht grundsätzlich das Risiko, dass in wichtigen Dokumenten wie einem Risikoregister ungeeignete Änderungen vorgenommen werden. Durch die automatische Versionierung von Wiki-Dokumenten sowie der Möglichkeit, sich über alle Änderungen per Mail benachrichtigen zu lassen, wird dieser Nachteil kompensiert.

Die Dokumentation der Ergebnisse der Arbeitspakete sollte in einer eigenen Struktur neben der Projektdokumentation untergebracht werden um den Autoren wohldefinierte Bereiche für die Ergebnisse vorzugeben.

Anwendungen wie Codebeamer spielen ihre Stärken im Bereich der Integration von Datenbanken, Wiki, Reports und Dokumentenmanagement aus. Informationen aus der Datenbank können im Wiki dargestellt werden, ohne Datenredundanz zu erzeugen. Wenn die entsprechenden Schnittstellen bereitstehen, können Konzepte beispielsweise aus Anforderungen aus der Datenbank, Diagrammen eines Modellierungswerkzeuges und erklärenden Texten im Wiki zusammengeführt werden. Durch solche integrierten Tools lassen sich die Stärken eines Wikis noch besser nutzen.

Ein interessanter Artikel findet sich in diesem Zusammenhang auf allpm.com (kostenlose Registrierung erforderlich).

Fazit

Enterprise Wikis ergänzen das Wissensmanagement in Unternehmen im Bereich Collaboration und Vernetzung. Der Einsatz dieser noch jungen Werkzeuge erfordert allerdings eine klare Definition des Einsatzzweckes und eine Abwägung der Stärken und Schwächen.

Konkret gibt es heute drei verschiedene Typen von Enterprise Wikis. Auf der einen Seite stehen kommerzielle Wiki-Produkte mit entsprechenden Supportangeboten. Auf der anderen Seite gibt es Open Source-Lösungen, ebenfalls mit Supportangeboten, allerdings der Notwendigkeit sich bis in den Sourcecode hinein mit den Systemen zu beschäftigen. Darüber hinaus gibt es zunehmend Integrationen von Wiki-Engines in monolithische Produkte wie Application Lifecycle Management-Plattformen mit engen Integrationen zwischen den Bereichen solcher Tools.

Neben der Auswahl des geeigneten Enterprise Wikis ist für Unternehmen vor allem eine geeignete Herangehensweise und Kommunikation für die erfolgreiche Einführung eines Wikis entscheidend.

In Projekten kann ein Wiki für Transparenz und einen erheblich vereinfachten Zugriff auf die Projektdokumentation sorgen. Im Einzelfall ist abzuwägen welche Dokumente im Wiki erfasst bzw. nur angehängt werden sollen. Letztlich muss der Einsatz unternehmensbezogen angepasst werden.

Im meinem Enterprise-Wiki-Artikel in der Computerwoche habe ich aufbauend auf diesen zweiteiligen Artikel konkrete Tipps für die Einführung eines Enterprise Wikis in Unternehmen publiziert.

3 Responses to Enterprise Wikis im Projektmanagement 2/2 – Schwächen

  1. […] Eigenwerbung dabei ist. Mehr über die Stärken und Schwächen von Enterprise Wikis sowie ihrem Einsatz im Projektmanagement finden Sie in diesem […]

  2. […] – Projektmanagement 2.0 Ansätze für eine Definition https://pjmb.wordpress.com/2008/08/25/enterprise-wikis-im-projektmanagement-22-schwachen/ – Schwächen von Wikis im […]

  3. Maz sagt:

    Eine große Schwäche von Wikis im allgemeinen ist auch die tatsache, dass teilweise überalterte Informationen gleich neben neusten Informationen stehen und ein Unbedarfter Leser hier leicht verwirrt werden kann. Auch ist eine offline/offsite Betrachtung/Bearbeitung nur bedingt möglich. (Ich lese viele Dokumente im Zug)